Du musst die Veränderung sein...

Als Chefredakteur des Magazins KOPFSACHE hatte ich das große Vergnügen mich mit Roland Düringer zu treffen. Wie er seine Welt verändert hat, was es in ihm bewirkt hat auf der Suche nach dem Guten Leben und welche Dinge wirklich wichtig sind, wird im Interview auf tief gehende Art und Weise erörtert.

Roland Düringer, Ikone der heimischen Schauspiel- und Kleinkunstszene, wurde mit Atompilz von links, Benzinbrüder, Superbolic und Filmen wie Hinterholz 8 oder Muttertag zum österreichischen Superstar. Als Schauspieler, Kabarettist und Aktionist legt er seit über 20 Jahren den Finger auf die Wunden der österreichischen Seele. Größtmögliche Wandlungsfähigkeit beweist er dem Publikum nicht nur mit seinen gemimten Charakteren.

In dieser ganzen Zeit hat sich auch bei ihm persönlich sehr viel verändert. Der ehemalige Benzinbruder hatte in seiner ursprünglichen Privatsammlung bis zu 18 Fahrzeuge, mittlerweile hat er die Mehrzahl seiner Autos für einen guten Zweck versteigern lassen.

Fotos: Gregor Hartl

Fotos: Gregor Hartl

Er lebt am Land, arbeitet weniger, ist ruhiger geworden und verbringt mehr Zeit mit der Familie. Er hat sich in den letzten Jahren sukzessive vom gesellschaftlichen Mediendruck und Konsumzwang zurückgezogen. Vor zwei Jahren wuchs das innere Bedürfnis, diesen Weg der Reduktion noch konsequenter zu verfolgen. „Wir haben die Abhängigkeit von der Natur eingetauscht gegen die Abhängigkeit von Systemen, technischer wie gesellschaftlicher Art. Alle Dinge, die uns verheißen mehr Zeit zu bringen, kosten uns in Wahrheit Zeit, weil man sich damit beschäftigen muss“, wie er sagt.

Das Projekt „Die gültige Stimme“ war als Selbstexperiment angelegt. Roland Düringer verabschiedet sich darin von den Annehmlichkeiten der modernen Welt, um zu sehen, wohin ihn die Reise führt. Der Reiz des Verzichts – eine persönliche Kosten-Nutzen Rechnung mit der Modernisierung, mit ungewissem Ausgang. Verzicht auf Auto, Bankomatkarte, Fernseher, Supermärkte, Internet. Die eingehende [Ich denke, dass hier „eingehende“ gemeint war, denn wenn etwas das Ziel ist, dann ist es der Endpunkt und nicht damit einhergehend … könnte mich aber natürlich täuschen]Analyse der subjektiven Lebensqualität war das Ziel, ohne den Anspruch von Missionierung oder moralischer Vorschrift. Vieles aus seinem, mittlerweile beendeten, Experiment ist in seinen Alltag eingeflossen.

Mit seinen letzten drei Programmen: ICH – Ein Leben /  Wir – Ein Umstand / Ich – alleine? hat Roland Düringer seinem philosophischen Trieb Ausdruck verliehen. Er tauschte die leichte „Wuchtl“ gegen die Frage nach „Realität“ und „Wirklichkeit“.

Fotos: Gregor Hartl

Fotos: Gregor Hartl

Er ist noch immer höchst unterhaltsam, aber auch kritisch, philosophisch, nachdenklich, bissig, mutig und nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise politischer wie auch gesellschaftlicher Selbsterkenntnis.
Waren es früher Hubraum, PS oder Geschwindigkeit, die ihn vorrangig interessierten, ist heute die Suche nach dem „guten Leben“ zu einem zentralen Thema geworden. Viele unterschiedliche Erfahrungen sammeln, ein bewusstes Leben führen und sich selbst nicht allzu wichtig nehmen. Diese höchst amüsant vorgetragenen Kernbotschaften eines neuen Roland Düringer sind auch Teil seines Lebens geworden.

 

 

Welche Werte und Einstellungen sind bei Ihnen im Elternhaus vermittelt worden?

Ich bin als 63er Jahrgang in einer Zeit groß geworden, wo für alle Erziehungsberechtigten klar war: Meinen Kindern wird’s einmal besser gehen als uns selbst. Meine Eltern haben den Krieg noch miterlebt und haben danach gewusst, ab jetzt geht´s bergauf. Sie hatten ungefähr im Kopf, was man tun muss, um in diesem „Bergauf“ mitzuschwimmen: brav sein in der Schule, aufpassen, Matura machen und so weiter. Danach arbeiten gehen und viel Geld verdienen. Also ganz normale, durchschnittliche Werte.

Ich hab damit gebrochen, als ich 20 Jahre alt war und mich entschieden habe, den Beruf zu ergreifen, den ich jetzt mache. Mittlerweile glaub ich, dass Menschen, die jetzt Kinder haben, wissen, dass es ihren Kindern nicht mehr besser gehen wird, sondern sicher schlechter als unserer Generation und das verändert natürlich sehr, sehr viel im eigenen Verhalten.

Fotos: Gregor Hartl

Fotos: Gregor Hartl

Meine Eltern haben nicht über die Folgen ihres Handelns nachgedacht. Mein Vater hat lange keinen Führerschein gehabt, erst mit 40. Bis zu dem Zeitpunkt sind wir ganz einfach zu Fuß runter zum Lebensmittelhändler gegangen und haben dort eingekauft. Sobald der Vater das Auto hatte, sind wir zum Supermarkt gefahren.

Der frühe Roland Düringer mit Atompilz von links, Benzinbrüder und Superbolic war ein anderer Roland Düringer als heute. Wo und wie ist der Wandel gekommen und gab es einen Auslöser?

Der ist nicht gekommen, sondern ich habe mich gewandelt. Es gab keinen Auslöser. Veränderung ist einfach etwas, was passiert, wenn man dafür offen ist.

Keine tiefgehenden Gespräche oder prägende Erlebnisse, die verändert haben?

Nein, das war bei mir nicht so. Es war einfach eine Summe von kleinen Schritten. Irgendwann war der Zeitpunkt da, an dem ich mir gedacht habe, so wie ich die Sache jetzt betreibe, tut mir das nicht gut, das will ich nicht – deswegen mach ich das Ganze eigentlich nicht. Ich hab mir gedacht, ich muss für mich das Ganze irgendwie verändern. Dieser Modus – sechsmal in der Woche spielen und schauen wie viele Leute sind gekommen, umso mehr, umso besser – hat mir irgendwann nicht mehr gut getan, weil ich den Sinn, in dem was ich tue, nicht mehr erkennen konnte. Ich habe das geändert, indem ich ganz einfach den Inhalt meiner Programme geändert habe. Das war so eine Umbauphase, in der natürlich viele Leute weggeblieben sind. Jetzt ist es so, dass ein völlig anderes, neues Publikum zu meinen Auftritten kommt. Ich habe vor 15 Jahren im Posthof gespielt und war voll und ausverkauft und jetzt bin ich auch wieder voll und ausverkauft, nur mit anderen Leuten.

Fotos: Gregor Hartl

Fotos: Gregor Hartl

Welche Leute kamen vor 15 Jahren und welche kommen jetzt?

Die, die sich jetzt dafür interessieren, was ich mache. Und die, die sich dafür nicht interessieren sind zu Hause geblieben. Die haben es zwar noch lange probiert, in der Hoffnung, dass es vielleicht wieder so wird wie früher, haben aber gemerkt, das wird nix mehr und sind zu Hause geblieben. Haben sich wahrscheinlich gedacht: „Schade ums Geld, den schau ich mir nicht mehr an.“ Dafür kommen jetzt neue Leute, die früher nicht einmal auf die Idee gekommen wären zu mir zu kommen, die kommen dafür jetzt. Schöne Entwicklung eigentlich!
Dafür kommen jetzt neue Leute, die früher nicht einmal auf die Idee gekommen wären zu mir zu kommen. Schöne Entwicklung eigentlich!

Wie geht es mit der Gültigen Stimme und welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht? 
Ich hab mir das ein halbes Jahr angesehen und weiß jetzt, worum es geht. Step by step hab ich gewisse Dinge weggelassen. Am Anfang das Auto, seitdem bin ich öffentlich unterwegs. Als nächstes folgten das Handy, die Medieninformationen, Supermärkte und Bankomatkarte.

Das KOPFSACHE Team beim Shooting

Das KOPFSACHE Team beim Shooting

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